Objekat Morava – Flugzeugkaverne im ehemaligen Jugoslawien

  1. Einstieg
    Bei einer Flugzeugkaverne (FlKav) handelt es sich um eine Festungsanlage der Luftwaffe auf einem Militärflugplatz. Diese basiert auf einem Netzwerk von Tunnels und Verbindungsstollen. Diese sind zu einem Komplex unterirdischer Hangar-Anlagen ausgebaut. Die Anlage dient primär der geschützten unterirdischen Unterbringung von Kampfflugzeugen bei höchstmöglichem Schutzgrad. Mit Beginn des kalten Krieges und der nuklearen Bedrohung wurden weltweit 95 FlKav erbaut.
    Buochs Kaverneneingang Mirage
  2. Jugoslawische Stollen
    Der jugoslawische Luftwaffengeneral Ulepiã hatte mit einer Militärdelegation 1954 eine Besichtigung in der FlKav Säve unternommen. Ihre Erkenntnisse haben sie nach Belgrad weitergeleitet. Mit den Skizzen und Fotos aus Schweden konnte der jugoslawische Chefingenieur Dragoslav Sobotka das schwedische Konzept der FlKav studieren und kopieren. Die jugoslawische Luftwaffe (Ratno Vazduhoplovstvo i Protiv Vazdušna Odbrana, kurz RV i PVO), hatte ihre Militärflugplätze je nach Schutzgrad in drei Kategorien, von A bis C, eingeteilt. Die Anlagen der Kategorie A waren jene in Željava (Kroatien / Bosnien) und die hier beschriebene in Priština-Slatina. In Friedenszeiten diente Željava als Hauptbasis und bestand aus einer ballistisch- und ABC-geschützten FlKav mit all ihren unterirdischen logistischen Räumlichkeiten. Slatina war als zweite Hauptbasis für Kriegszeiten erschaffen worden und zeitgleich auch die zweitgrösste FlKav in Jugoslawien. Die Basis Slatina bestand aus der leicht weniger geschützten FlKav und deren platzmässig beschränkten unterirdischen logistischen Räumlichkeiten. Die Kategorie B umfasste drei Nebenbasen (Split-Divulje, Mostar-Ortiješ und Šipčanik-Podgoriza) für Kriegszeiten. Diese waren nur leicht geschützt mit rund 10 m Felsüberdeckung und verfügten nur über die nötigsten Wartungseinrichtungen zur Erstellung der Flugbereitschaft sowie für Zwischenflugkontrollen, da sie lediglich als geschützte Unterstände gedacht waren. Die Kategorie C bezog sich auf Nebenbasen und bot lediglich eine Reihe von gepanzerten Flugzeugunterständen (GFU) an den Enden der Piste.
    Slatina Flugzeugkaverne Eingang
  3. Nutzung im Kalten KriegPräsident Tito liess 1965 den zivil-militärischen Flugplatz in Slatina, einem Vorort von Priština, in der heutigen Republik Kosovo erbauen. Der militärische Teil westlich davon in einer umzäunten Garnison und der unterirdischen Flugzeugkaverne integriert. Die Anlage erhielt den Tarnnamen „Објекат Морава“. Die FlKav war einer der Juwelen von Präsident Tito‘s hervorragendem Verteidigungsnetzwerk. In Titos Zeiten wurden Schulklassen auf tägige Reisen geschickt, um die Anlage zu besichtigen. In den 90er-Jahren wurden Kavernen als Staatsgeheimnis behandelt und der Zugang grossräumig verwehrt wurde.

  1. NATO-Luftangriff 1999
    Am 25. März, 6., 11., 12., 14., 16., 19., 20., 22., 30. April und 3. Mai 1999 hatte die NATO (North Atlantic Treaty Organization) im Rahmen ihrer „Operation Allied Force“ verschiedene Angriffe gegen die Garnison und die FlKav ausgeführt. Einer der Hauptgründe weshalb die Nato 11 Mal erfolglos Angriffe flog, war die Vermutung, dass sich darin ein Dutzend MiG-29 befinden würden. Slatina war zu jenem Zeitpunkt die einzige auf serbischem Gebiet verbleibende FlKav. Auf Grund ihrer grossen, unangreifbaren unterirdischen Anlagen hatte die Basis Slatina im ganzen Kosovo die grösste strategische Bedeutung. Bei den ersten Angriffen warfen sie in der Umgebung des Kontrollturmes  CBU-87 ab. Bei den Angriffen haben sie jedoch neben Logistikgebäuden auch eine Reihe von Attrappen und Scheinzielen zerstört. Die F-15E des 492nd Fighter Squadron „Madhatters“ des 48th Fighter Wing starteten auf dem Militärflugplatz Lakenheath der Royal Air Force (RAF) in Grossbritannien und flogen sieben ein halb Stunden bis nach Priština, wobei sie einmal in der Luft betankt wurden. Bei der zweiten Angriffswelle warfen sie auf den nördlichen Eingang lasergelenkten Bomben vom Typ GBU-24B/B „Paveway III“ ab. Die LGB’s durchschlugen den Beton über dem Quergang des Vorstollens und detonierten dort im Boden.
Objekat Morava at Pristina-Slatina Air Base, Kosovo or former Yugoslavia (LYPR) with the sceme of its underground air base
Objekat Morava at Pristina-Slatina Air Base, Kosovo or former Yugoslavia (LYPR) with the sceme of its underground air base

Die Explosion oberhalb des Vorstollens löste von dessen Decke Teile des Betonmantels ab und ergab im Quergang einen Krater im Boden. Doch die darin befindlichen MiG-21 blieben unbeschädigt. Die NATO verkündete vollmundig, dass in der Kaverne nichts mehr  übriggeblieben  sei, was noch irgendwelchen Nutzen habe. Nach Ende der Kampfhandlungen am 11. Juni 1999 sind die unbeschädigten 11 MiG-21 medienwirksam auf der Platte auf liniert und fotografiert worden. Danach flogen am 10.6. sechs MiG-21 und am 11.6. nochmals sieben MiG-21 nach Serbien.  Am 11. Juni 1999 um 10:30 Uhr stiessen rund 200 in Bosnien stationierte russische Fallschirmjäger des Brosok-Battaliones unter Führung von Oberst Sergej Pawlow mit 16 BTR-80 Radschützenpanzern sowie 23 GAZ-66 Geländewagen via Niš (Serbien) in den Kosovo vor. Kurz zuvor hatten sie noch die „SFOR“-Titel in „KFOR“ um bemalt. Der Vorstoss geschah unmittelbar nach dem Rückzug der serbische Armee und Stunden bevor KFOR-Truppen der NATO ihre Konvois in Gang gesetzt hatten. Die russischen Truppen besetzten am 12. Juni 1999 um 05:00 Uhr handstreichartig die Nordseite des Flugfeldes Slatina. Quellen von Jane’s Defence Weekly spekulierten darüber, dass die Russen die NATO lediglich solange von der FlKav weghaben wollten, bis sie sensitives Material aus deren Lagern abtransportiert hätten. Die Quelle vermutete zudem, dass dort neuartige Luftverteidigungssysteme und Lenkwaffen versteckt worden sind. Diese Systeme, welche damals im Westen noch unbekannt gewesen sein sollten, wären während den Jugoslawienkriegen unter Umgehung der Sanktionen geliefert worden. Da die Systeme jedoch erst zum Ende des Konfliktes geliefert worden sein sollen, hätten sie nicht mehr eingesetzt werden können. So vermutet die Quelle, dass dort ein halbes Dutzend Almaz-Antey S-300PM (SA-10B „Grumble“) sowie das tschechische Triangulationortungssystem KRTP-91 „Tamara“ (NATO „Trash Can“ zum Aufspüren von Tarnkappenflugzeugen) versteckt worden wären. Fliegerstollen-hoehelager